Der Sports Monkeys Triathlon Club

Meine Reise nach Kona - #9

13. August 2018ca. 5 Minuten Lesezeit

Angst und/oder Demut

Aus gegeben Anlass ein Thema, welches mich aktuell in zweierlei Hinsicht sehr beschäftigt.
Eine Langdistanz ist ein besonderes Projekt! Eine körperliche und mentale Herausforderung, welche das Leben über mehrere Monate jeden Tag begleitet und das Leben auch in gewisser Art und Weise bestimmt. Man richtet sehr vieles auf die Vorbereitung für diesen einen einzigen Tag aus, mit der Gewissheit, dass er alles von einem abverlangen wird. Monate lange Vorbereitung um an diesem einen einzigen Tag zu bestehen. Es ist fast so ein bisschen wie damals in der Schule vor wichtigen Prüfungen. Hab ich genug gelernt? Hab ich alle Themen mir angeschaut? Steht auf dem Spickzettel das wichtigste drauf? Wissen kann man das aber vorher nicht...
Mit der Erfahrung von bisher 2 Langdistanzen würde ich mir eigentlich gar nicht so den Kopf zerbrechen. Ich weiß noch vor meiner ersten Langdistanz war stets die bestimmende Frage, wie soll man diese Distanzen an einem Tag schaffen? Für den Kopf hilfreich war es zumindest einmal vorher die jeweiligen Strecken am Stück zu absolvieren. 3,8km schwimmen, 180 Rad und einen Marathon bin ich schon mal gelaufen. Also weiß ich ja eigentlich, dass man diese Distanzen schaffen kann!?
Auf dem Papier ist Hawaii wie jede andere Langdistanz. Gleiche Distanzen, die Höhenmeter auf der Radstrecke sind auch nicht so wild... Gut, die Rad- und Laufstrecken sind höchstwahrscheinlich stink langweilig, aber wieso diese Angst, diese Demut?
Warum? Ich weiß, ich habe über Monate hinweg perfekt trainiert. Selbst wenn jetzt eine Erkältung dazwischen kommen sollte, eine Woche im Bett liegen wird nichts an der optimalen Grundlage ändern. Eine Woche ohne Sport kann sogar leistungssteigernd sein. Auch im Vergleich zu meiner letzten Langdistanz 2014 liegen, was meine Leistungsfähigkeit betrifft, Welten dazwischen. Ich bin in einer vielfach besseren Verfassung als damals.
Es sind diese abnormalen Bedingungen, die einen vor Ort in Hawaii erwarten. Temperaturen um die 40°C! Extreme Luftfeuchtigkeit, enorme Winde, Zeitumstellung uvm. Einfach Bedingungen, auf die man sich nicht vorbereiten kann! D. h. die Vorbereitung kann noch so gut verlaufen, die Verfassung kann noch so gut sein, wenn der Körper mit den genannten Bedingungen nicht umgehen kann, hilft das alles nichts. Gut, die aktuelle Hitzeperiode gibt schon mal einen sehr guten Vorgeschmack auf das, was einen vor Ort erwarten wird. Aber es zeigt auch wie brutal es ist bei solchen Bedingungen Höchstleistung zu erbringen. Sport ist Mord bringt es ziemlich gut auf den Punkt. Dank Youtube gibt es Unmengen an Videos mit Interviews und Impressionen vom Rennen die immer wieder betonen, wie unfassbar brutal die Bedingungen vor Ort sind und daher kommt auch meine Demut und Respekt. Die Vorbereitung um in bestmöglicher Verfassung am 13. Oktober am Start zu stehen könnten wie gesagt kaum besser verlaufen und mich wird nicht das Gefühl wie damals in der Schule plagen, ich hätte noch mehr machen (lernen) können.
Wie schon gesagt, so vieles richtet sich darauf aus, um an diesem einen Tag in bestmöglicher Verfassung an den Start zu gehen und man selber hat vieles selbst in der Hand, das sicherzustellen. Aber es gibt auch Sachen oder Momente, die wir selber nicht in der Hand haben, wie ich schmerzlich lernen musste. Da fährt man 10tausende von Kilometern über Jahre hinweg mit dem Rad und ausgerechnet in dieser Phase muss ich meinen ersten Unfall erleben. Und wie gesagt, man kann so vorsichtig fahren wie man will, vorausschauend und achtsam, aber wenn ein Trottel dir einfach frontal reinfährt, bist du machtlos. Und das ist der Faktor, vor dem ich Angst habe. Etwas, dass man selber nicht beeinflussen kann. Ein Unfall wie vor 2 Wochen selbst erlebt, oder lass es ein Materialschaden sein...? Es ist ein Wunder, dass ich diesen Crash ohne ernsthafte Verletzung überstanden habe, der Moment und die Gedanken sind jetzt aber präsenter als sonst.
Vermeidbar sind solche Geschichten nicht und nicht alles im Leben ist immer planbar, und daran sollte man sich auch immer wieder erinnern. Man darf sich nicht zu sehr auf diesen einen Tag einschießen und alles davon abhängig machen. Die Vorbereitung auf einen Wettkampf ist eine lange Reise und die gilt es als Ganzes zu betrachten. Der Wettkampftag an sich ist nur das Highlight dieser Reise. Auf jeder Reise, in jedem Urlaub kann es auch mal regnen, die Aussicht wegen schlechtem Wetter nebelig sein, was auch immer... Aber deshalb ist nicht mein ganzer Urlaub im Eimer. Gut, die Wahrscheinlichkeit das es in Hawaii an dem Tag regnen wird ist jetzt nicht unbedingt hoch, aber bis dahin oder an dem Tag selbst kann immer etwas schief gehen und damit muss man sich gegebenenfalls abfinden können.
Denken wir aber weiter positiv, bleiben schön fleißig und freuen uns auf den 13. Oktober! In diesem Sinne, fahrt alle bitte vorsichtig und bitte immer mit Helm!!!

Vincent Hummel
geschrieben von Vincent Hummel

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