Der Sports Monkeys Triathlon Club

David Hajduk – You are an Ironman!

13. November 2018ca. 18 Minuten Lesezeit

Das sind nur wenige Worte, die an diesem 13. Oktober 2018 durch Mike Reilly tausendfach gesagt wurden, doch für jeden einzelnen sind sie etwas ganz Besonderes. Sie heißen einen Willkommen im Olymp des Triathlon Sports und markieren auch das Ende eines sehr langen und harten Tages.
Aber von vorne. Der 13. Oktober ist nun bereits eine Weile her, aber ich hab die Zeit seitdem sehr intensiv genutzt um durch und durch die Eindrücke, Emotionen und Erfahrungen zu verarbeiten und so gut es geht in mir zu konservieren. Denn eines kann ich vorwegnehmen, sie waren zahlreich, intensiv und einmalig – sowas wird man in der Form nie wieder erleben!

Es gibt so vieles zu erzählen und zu berichten, da weiß man gar nicht wo man anfangen soll. Wie fühlt es sich an, am Ironman Hawaii teilzunehmen, der Weltmeisterschaft des Triathlons? Wie fühlt es sich an die Tage vor dem großen Wettkampf vor Ort zu erleben, in denen man die Weltelite des Triathlon Sports beim letzten Feinschliff hautnah erleben kann, in denen sämtliche Hersteller das volle Angebot auffahren usw.?

Fangen wir an beim 13.10. dem Wettkampftag und meinem persönlichen Resümee des Rennens.

Los ging der Tag um 4 Uhr morgens. Klingt früh, aber nicht so arg. 12 Stunden Zeitumstellung verdaut man eh nicht innerhalb dieser wenigen Tage. Kurzer Kaffee, frisch machen und der obligatorische Besuch aufm Lokus. Ab nach Kona. Es ist noch stock dunkel, aber auf den Straßen ist schon unfassbar viel los. Angekommen am Eventgelände geht es für uns Athleten erstmal zum Bodymarking, dem Anbringen der Startnummer. Da mein Rennanzug bis zu den Ellenbogen geht, muss die Nummer am unteren Arm aufgeklebt werden. Ging besonders gut bei meiner dezenten Armbehaarung, von daher zur nächsten Station – nachhelfen mit viel schwarzer „Farbe“. Vorweg, dieses Zeugs saut unheimlich ein. Die Flecken versuche ich heut noch aus dem Anzug zu bekommen… Nächster Halt Wiegen. Wieso, weshalb, warum keine Ahnung, aber es ist bereits jetzt schon ein Mix aus Nervosität, Anspannung, Konzentration, am meisten fühlte ich mich aber wie ein Tourist. Die Eindrücke, die Betreuung, Organisation und vor allem das Flair an diesem Morgen waren dermaßen beeindruckend, man vergisst quasi, dass ein ziemlich anstrengender Tag vor einem steht.

Nach den anfänglichen Formalitäten ging es erstmal in Richtung Fahrrad. Startnummer 2073 bedeutet mein „Bumsi“ parkt ganz an der Spitze vom Pier. Ein langer Weg, vorbei an den Profis und zahlreichen anderen Athleten. Aber weiterhin volle Konzentration, alles Routine bzw. alles notwendige Punkt für Punkt erledigen. Angekommen am Fahrrad, Flaschen anbringen, Reifen aufpumpen, Gummis an die Schuhe anbringen, richtigen Gang einlegen, Radcomputer einschalten, Helm zurechtlegen, Standort nochmal genau einprägen um mit einem Küsschen geht’s nach wenigen Minuten wieder weg. Die Devise für den Morgen lautet ganz klar, cool bleiben, die Handgriffe kennst du eh, es sind die gleichen wie bei jedem anderen Wettkampf. Genieße eher das drum herum!

Nächster Stopp, der dann im Vergleich zu anderen Wettkämpfen doch neu ist, Vaseline. Und zwar jede Menge davon. Wir wollen die Stellen nicht zu sehr im Detail beschreiben, aber wir wissen, es wird ein langer Tag. Aber damit sind die Vorbereitungen eigentlich schon abgeschlossen und es geht nochmal mit jeder Menge Zeit und Ruhe in Richtung Dixies.
Um 6:35 Uhr fällt bereits der Startschuss für die Profi Herren. Akustisch bekommt man das Ganze sehr gut mit, das Areal rund um Wechselzone und Zuschauerbereich ist allerdings dermaßen eng und schwer zugänglich, sodass man eher in der Menge zahlreicher Athleten verschwindet.
Nach dem Start der Frauen dürfen wir Agegroup Männer die heiligen Stufen herunter steigen um dieses winzige Stück Strand zu betreten – ob man sich vor 40 Jahren hätte vorstellen können, dass irgendwann mal so viele bekloppte hier heruntersteigen und diese kleine Bucht die berühmteste der Triathlon Welt wird?

Da steht man nun. Die Stimmung ist schwer zu greifen. Ich persönlich war für den Moment eigentlich recht entspannt und hab mich interessiert umgeschaut. In diesem Moment ging es wenig um den Wettkampf, vielmehr um den Moment an sich. Die Sonne steigt so langsam über den Berg und erleuchtet die Bucht, um dich herum die Weltelite des Triathlons und du selbst mitten drin. Du bist hier gerade auf Hawaii und darfst gleich teilnehmen? Noch Fragen?

Zum Start muss man ca. 100m Schwimmen, die Strecke mit etwas hin und her nutze ich zum leichten Einschwimmen. Nach langer Überlegung hab ich mich entschieden, etwas weiter Links zu starten. Dort angekommen ist die Lage noch entspannt, etwas Erleichterung hinsichtlich der ersten hundert Meter kommt auf. Aber mit jeder Sekunde kommt mehr und mehr Ernüchterung auf. Es wird enger und enger am Start – Kacke! Als jetzt nicht der aller beste Schwimmer und vor allem ein mieser Schwimmer auf den ersten 500 Metern orientiere ich mich schon etwas nach hinten. Noch wenige Minuten bis es los geht – der Tag, auf den ich mich so lange und intensivst vorbereitet habe. Fast unfassbar das er nun wirklich da ist.
Der Startschuss fällt, und es geht genauso los. Wie man es immer wieder liest oder erzählt bekommt. Schläge links rechts oben unten… Eigentlich nicht anders als bei vielen anderen Wettkämpfen, aber dieser Zustand mag und mag nicht aufhören. Wir schwimmen los und ich versuche das zu finden, was ich so dringend brauch für mein Schwimmen – Platz und Rhythmus. Weder das eine oder das andere finde ich, stattdessen beschlägt meine Brille – na toll. Gut, die Füße des Vordermanns erkennt man, soll erstmal reichen. Aber Gerangel, Salzwasser und vor allem diese dämliche Brille fangen mehr und mehr an zu nerven. Ich warte vergeblich auf den Moment, dass ich meine typische Trägheit am Start ablege und meinen Rhythmus finde. Ich halte immer wieder an um in diese nervige Brille zu spucken und zu reinigen, in der Hoffnung, dass sie nicht mehr beschlägt. Dann, endlich die Wende! Hälfte geschafft, ab zurück. Es kommt ein positives Gefühl auf, das mir direkt auch ein besseres Gefühl beim Schwimmen gibt. Der Wellengang ist ja voll okay, aber selbst nach 2km ist das Feld immer noch so kompakt, ich schließe jetzt schon auf gewisser Art und Weise mit dem Schwimmen ab. Bojen zur Orientierung hab ich dank der Brille eh noch keine gesehen, also konzentrier ich mich auf die Füße vorne und irgendwann kommen wir schon raus. Das Schwimmen ist ja nur ein winziger Teil des heutigen Trips. Und da kommt er endlich, der Ausstieg. Das hatte ich mir etwas anders vorgestellt, gerade wenn man sich an die Testschwimmen der Vortage erinnert, aber nun gut…
Auf geht es diese Treppen, abduschen und zum Beutel. Das geht alles dank Unmengen an Helfern ratz fatz. Ich rufe meine Startnummer und zack hab ich meinen Beutel. Einfachheit gewinnt, dort drin befinden sich nur meine Sonnenbrille. Das heißt im Laufschritt Schwimmbrille gegen Sonnenbrille tauschen und ab zum Fahrrad. Hossa – hier stehen ja nicht mehr viele Räder?!? War ich wirklich so langsam? Wurscht, ist ja noch ein langer Tag… Ab Richtung Ausgang Wechselzone mit der Erkenntnis – das Teilnehmerlimit hat sein Maximum erreicht. Viel Platz ist hier wirklich nicht! Ich muss mein Rad die ganze Wechselzone durchschieben und habe null Chance jemanden zu überholen.

Mount Line und ab in die Pedale. Es läuft alles routiniert und wie geplant. Es beginnt mit einem kurzen Anstieg und dann die ersten Kilometer konstant mit einer leichten Steigung. Hier beginnt allerdings auch schon das Kopfkino. Als Neuling auf Hawaii heißt es stehts „achte immer auf dein eigenes Tempo! Lass dich nicht von den anderen beeindrucken!“ Mach ich auf den ersten Kilometern, aber es frustriert schon arg, wie alle an einem vorbei rasen. Gerade weil ich klar merke, wie zäh es eigentlich läuft. Klar es geht Berg auf und die Beine brauchen nach dem Schwimmen etwas, aber so langsam sollte es doch mal vorwärts gehen? Hinzu kommt, durch das Salzwasser ist mein Magen etwas flau und die Zunge fühlt sich taub an. Naja, ist ja erst eine Stunde rum… Angekommen an der ersten Wende und somit geht es jetzt auch erstmal für ein Stück bergab. Meine Hoffnung, die Beine wachen so langsam auf und ich kann endlich mein Ding durchziehen. Nur leider werde ich weiter überholt und ich merke, das zähe vorankommen liegt nicht an meinen Beinen, sondern am Fahrrad. Es quietscht immer lauter von unten, ist es die Kurbel? Ich fahre weiter und höre aufmerksam rein um herauszufinden, woher die Geräusche kommen und woran es liegen kann. Das Rennen geht weiter, die Stimmung am Streckenrand ist top, aber gedanklich versuche ich nach dem Ausschlussprinzip das Problem zu finden. Wir sind raus aus Kona, auf den Highway raus und so langsam kehrt auch Ruhe ein. Nach 30km hab ich die Faxen dicke und fahre auf den Seitenstreifen. So kann es nicht weiter gehen und das Problem ist ziemlich schnell zu sehen. Es ist nicht mehr viel Schriftzug am Mantel vom Hinterrad zu erkennen. Dieser hat die ganze am Rahmen geschliffen, dass nichts mehr vom Aufdruck zu erkennen war. Und ich sag es euch, da stehst du da, mitten auf dem Highway, links und rechts Lava und hunderte Athleten fahren an dir vorbei und du verstehst die Welt nicht mehr! Wie kann das jetzt sein??? Ruhe bewahren, Lage checken. Das Rad steht etwas schief im Rahmen, sodass es stetig schleift. Ich versuche es etwas rauszuziehen und den Schnellspanner etwas anders festzustellen. Keine Chance, entweder schleift der Reifen am Rahmen oder die Bremse an der Felge. Ein Imbus wäre jetzt nicht schlecht. In diesem Moment kommt – woher auch immer, denn wir sind mitten auf dem Highway – ein Kerl auf seinem Mountainbike und will helfen. So nett das auch ist, ist es laut Regelwerk strengstens verboten. Passenderweise hält auch in diesem Moment ein Motorrad mit TO auf dem Hintersitz. Ich pfeife den Kerl zurück und erkläre ihm warum und frage den TO flehend, wo das nächste Fahrzeug mit offiziellen Mechanikern ist? Der Vogel schaut aber nur zu und beobachtet die Situation. Der Mountainbiker hat mich anscheinend nicht verstanden und dreht mein Rad wieder um, langsam kommt Frust auf. Ohne Werkzeug war ich vollkommen aufgeschmissen. Ich konnte keinen Weg finden, das Hinterrad so einzuspannen, dass es halbwegs frei rollte. Dann endlich die Idee, lass einfach Luft raus, damit der Reifenumfang sich reduziert. Die „Lösung“! Ich lasse Luft aus dem Hinterrad bis es nicht mehr schleift und schwing mich wieder auf den Sattel.

Für den Moment hatte ich keinen Plan, wie lang ich da gestanden habe, aber es ging jetzt zumindest wieder vorwärts. Die Gedanken konzentrierten sich auch zunächst auf folgende zwei Punkte. Wie funktioniert das Rad jetzt, hält der Reifen oder ist der Mantel schon zu sehr abgeschliffen? Habe ich im Zuge dieser Aktion eine Zeitstrafe bekommen, weil dieser dämliche Mountainbiker einfach nicht seine Finger weghalten konnte? Der TO stand die ganze Zeit da, hat er eine Karte gezeigt? Meine Gedanken schwirren hin und her und ich wage einen Blick auf die Uhr um zu checken, was mich die Aktion eigentlich gekostet hat. Knapp 20 Minuten hab ich mit meinem allerliebsten Hinterrad verbracht was für den Moment ein Schlag in die Fresse war. Das ist ne Hausnummer!
Es war schon immer meine größte Sorge einmal ein Rennen nicht zu beenden, weil etwas, dass ich selber nicht beeinflussen kann, mich dazu zwingt. Sprich z. B. ein technischer Defekt auf dem Rad. Der Tag scheint gekommen zu sein. Das Fahrrad rollt noch, aber es wirkt wie eine tickende Zeitbombe. Hält der Reifen? Wie ist das eigentlich mit der Zeitstrafe? Und vor allem – warum heute hier und jetzt? Es fällt schwer mental zurück ins Rennen zu finden. Es geht vorwärts, wir fahren über den Highway in Richtung Hawi und das Rennen geht weiter. Egal welche Tipps man zu diesem Rennen liest, einer steht immer ganz oben: Halte dich an deinen Ernährungsplan! Wenigstens etwas, das funktioniert :-P Die Stimmung an den Verpflegungsstationen ist immer top, die Helfer sind mit wahnsinniger Begeisterung dabei. Man merkt punktuell aber auch, es wird immer heißer.
War man zu Beginn des Rennens noch von zig anderen Athleten umgeben, lichtet sich das Feld mehr und mehr. Gerade nach meiner Stehparty ist der Zug mit dem Großteil des Feldes eh abgezogen aber frustrierender war, von wie vielen Frauen ich dennoch überholt wurde??? Genau so hab ich mir das vorgestellt :-P

Wende in Hawi, ab hier geht’s nur noch zurück nach Kona. Allerdings hat mir das Kopfkino rund um eine mögliche Zeitstrafe gereicht, ich halte am Penalty Tent um nachzufragen, ob ich dort erwartet werde. Steht meine Startnummer auf irgendeiner Liste? Amis quatschen ja gerne, der Typ bei diesem Zelt besonders. Eine Antwort konnte er mir nicht geben, eher zwei Optionen. Geh auf Nummer sicher und warte 5 Minuten, dann bist du aus dem Schneider. Oder fahr weiter. Wenn es keine Karte gab ist alles gut, wenn doch, wirst du nachträglich disqualifiziert. Schon verrückt wie empfindlich man in solchen Stresssituationen reagieren kann :-P Ich entscheide mich letztendlich für das weiterfahren. Wenn es eine Strafe gegeben hätte, hätte ich es schon bemerkt – hoffentlich.

Noch knapp 80km bis zur Wechselzone. Die Bedingungen sind eigentlich echt top! Wind ist voll in Ordnung, es wird zwar immer heißer aber es gibt so viele Verpflegungsstationen, sodass man sich sehr gut kühlen kann. Die Verpflegung mit meinen Gels funktioniert auch wie geplant und mein Körper fühlt sich auch weiterhin wunderbar an. Aber die aufkommende Freude wird wieder gebremst, natürlich durch das geliebte Hinterrad. Zunehmende Hitze und Druck sorgen dafür, dass der Reifen wieder schleift. Anhalten, Luft rauslassen. So, jetzt fahre ich gefühlt mit einem platten Reifen, aber egal. Ich will einfach nur noch ankommen. Ich fang sogar an zu überlegen, was wäre der theoretische „Point of no return“. Sprich, wie viele Kilometer der Radstrecke könnte ich zur Not auch laufen, falls der Reifen kaputt gehen sollte. Wind und Wetter meinen es aber gut, die letzten 40km nach Kona laufen richtig gut. Durch das Kopfkino verging das Radfahren doch schneller als gedacht, allerdings war man dermaßen gedankenversunken, sodass man links und rechts von der Strecke, der „Landschaft“ recht wenig an Eindrücken aufsaugen konnte.

Ankunft Kona, Ankunft Wechselzone, Erleichterung kommt auf! Weg mit dem Fahrrad! Beim Einrollen in die Wechselzone hol ich mir noch eine letzte Info von meinem Radcomputer – die reine Fahrzeit, sprich ohne Standpausen. 5:08h sind zum einen ein Muntermacher, aber zeitgleich und dafür umso deprimierender eine Ernüchterung. Trotz des ganzen Ärgers, des ständigen Anhaltens, bremsenden Hinterrads und den Umständen voll in Ordnung! Aber was wäre, wenn…?

In der Wechselzone angekommen wird das Rad gleich abgenommen, einmal um das ganze Pier herum. Die Enge nervt schon wieder, denn ich kann von Beginn an richtig gut loslaufen, aber nicht überholen. Beutel schnappen, im Zelt umziehen. Socken, Schuhe, Startnummer und Kappe auf – los geht’s!

Jetzt galt es die zwei vorigen Disziplinen abzuhaken und sich voll und ganz auf die letzten 42km zu konzentrieren. Das heißt kontrolliert loslaufen, Rhythmus finden und nicht vom Trouble zu sehr mitreißen lassen. Nach knapp 180 recht einsamen Kilometern ist die Rückkehr in die Zivilisation sozusagen ein kleiner Schock. Die ersten Kilometer machen viel Mut, denn es geht wirklich gut vorwärts. Körper fühlt sich gut an und man findet bei den ersten Verpflegungsstationen seine Methodik, wie man wo hin greifen muss. Denn eines ist von Beginn an brutal zu spüren – die Hitze! An den Stationen wird Wasser und Eis geschnappt, wie es nur geht.

Der erste Part der Laufstrecke führt zum Großteil durch Kona und entlang des Alii Drive. Es geht hoch und runter, es gibt wenig Schatten aber die Stimmung ist überragend. Meine eigene Stimmung wird auch besser, denn das erste mal im Rennen fang ich an andere zu überholen. Ein Meilenstein auf der Laufstrecke ist definitiv der Berg hoch, um auf den Highway abzubiegen. Während andere Athleten gehen, marschiert Davide nach oben. Nach knapp 14km bin ich auf dem Highway und erstmal zufrieden. Es läuft echt solide, ich bin voll fokussiert auf die Situation und ich komme so weit mit den Bedingungen sehr gut zurecht.
Wir laufen diesen eeeeewigen Highway in Richtung Flughafen. An den Verpflegungsstationen erkennt man, dass hier schon viele viele hunderte Athleten vorbei gerannt sind. Am Boden liegen Unmengen an verbrauchten Bechern, die Stimmung bei den Helfern ist aber weiterhin bombastisch. Es klingt merkwürdig, aber selbst nach 21km der Laufstrecke hatte ich immer noch das Gefühl, dass es gar nicht so brutal ist, wie man es sich all die Monate vorher ausgemalt hat. Klar die Hitze ist brutal, die Sonne brennt unerbittlich auf der Haut, aber irgendwie läuft es doch. Aber gleichzeitig denke ich an die Wettkämpfe im Laufe des Jahres. Äußere Bedingungen hin oder her, aber das fühlt sich hier eher nach spazieren an. Wo ist dieses wundervolle Tempo?

Nach gefühlt unendlichen Kilometern gerade aus auf dem Highway kam endlich mal Abwechslung, eine Abzweigung ab ins Energy Lab. Der mit berühmtestem Teil der Laufstrecke aber auch der, vor dem am häufigsten gewarnt wird. Viele Mythen und Gruselgeschichten gibt es hiervon, teilen kann ich davon aber keine. Das Energy Lab hab ich mir als den einsamsten und zermürbendsten Teil der Strecke vorgestellt. Aber gleich zu Beginn laute Party Musik, ideale Verpflegung, jede Menge Zuschauer die Anfeuern – ist doch voll cool hier?!

Aber eines bedeutet die Wende im Energy Lab! Ab hier geht es nach Hause! Es ist ein merkwürdiges Gefühl, an sich ist das Laufen immer noch voll okay, aber die Hitze lässt absolut nicht mehr viel zu! Nachdem sich der Magen jetzt zum zweiten mal gemeldet und signalisiert hat, dass er am Limit ist, wird nur noch ISO getrunken. Im Kopf geht es im Prinzip eh nur noch um Kühlung.

Wir laufen raus aus dem Energy Lab und raus auf diesen ewig langen Highway. Und hier kommt zum ersten mal der Moment, in welchem die Gedanken weg vom Wettkampf schweifen. Wir sind jetzt mehr denn je auf dem Heimweg, das Abenteuer Ironman Hawaii ist gleich vorbei und du hast es geschafft. Lustig, es sind noch mehr als 10km zu laufen, aber man schweift gedanklich jetzt schon dermaßen ab. Viel los ist auf der Strecke nicht mehr. Glücklicherweise überhole ich immer noch einen nach dem anderen aber die Sonne geht so langsam unter, zur rechten siehst du den wundervollen Ozean und du weißt, nur noch wenige Moment und all das ist vorbei. Auch wenn das Tempo jetzt spürbar langsamer wird, der ultimative Kampf war es nie. Gefühlt hab ich jetzt immer noch alles voll unter Kontrolle und fühle mich immer noch „den Umständen entsprechend“.

Wir kommen an in Kona, Berg runter die Palanii Road und einen letzten Bogen um die Stadt. Wahnsinn, wie lang sich dieser „Bogen“ ziehen kann :-P Es geht nochmal Berg ab und eine letzte rechts Kurve auf den Allii Drive für die letzten Meter. Noch einmal durch den ganzen Ort. Hier sind wir vor 2 Tagen erst gut gelaunt in bunten Unterhosen entlanggelaufen und jetzt das? Der abgesperrte Zielkanal beginnt und die Emotionen sind schwer zu beschreiben. Ich kann mich jetzt noch an alles ganz genau erinnern! Es ist merkwürdig, du willst endlich ins Ziel, aber gleichzeitig soll der Moment nie wieder aufhören. Mit jedem Meter kommst du dem Ende dieses wundervollen Abenteuers näher. Die unzähligen Fahnen links und rechts werden von der Sonne bestrahlt und ich bleibe stehen. Zielzeit hin und her, dieser Moment ist es, um den es die ganze Zeit ging! Zuschauer schreien deinen Namen und du umarmst sie. Man geht Meter für Meter voller Stolz und klatscht jede Hand ab, die dir gereicht wird. Andere Athleten spurten auf den letzten Metern an dir vorbei – aber warum? Mein Gedanke ist „lass diesen Zielkanal nie enden!“

Doch da kommt sie doch noch, die Ziellinie mit den schon genannten magischen Worten „David Hajduk – You are an Ironman!“

10:24h harte Arbeit und ein unvergessliches Abenteuer fürs Leben! Diese Zieleinlauf ist für die Ewigkeit und an dieser Stelle schon mal ein Hoch auf meine solide Verpflegungsstrategie: Am gleichen Abend gingen noch 3 Bier.

Wie ging es nach dem Zieleinlauf weiter? Wie fühlt man sich als frisch gebackener Ironman Hawaii Finisher und wie sehen die Tage danach aus?

Stay tuned…

David Hajduk
geschrieben von David Hajduk

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