Der Sports Monkeys Triathlon Club

Scheiß drauf!

20. September 2023ca. 15 Minuten Lesezeit

Uns wurde zu oft gesagt, was wir nicht tun können.
Erfahrungsbericht von David Senft

Präambel:
Dieser Text ist allen Menschen gewidmet, die sich nach Krankheiten, Unfällen oder persönlichen Rückschlägen vom Leben überwältigt fühlen. Ich kann euch versichern, ihr seid nicht schwach. Euer Makel eröffnet euch eine neue Perspektive. Triathlon lehrt einen Ausdauer, auch Ermüdungswiderstandfähigkeit genannt. Diabetes lehrt einen Leidensfähigkeit. Beides Eigenschaften, die sich über lange Zeit entwickeln müssen. Darum ist Triathlon auch eine Schule fürs Leben. Krisen können auch ein Katalysator sein, um die Persönlichkeit zu entwickeln. Wem es schon mal richtig dreckig gegangen ist, der oder die kann dann später auch im Alltag oder bei Kleinigkeiten wahrhaftige Dankbarkeit fühlen.
Bei circa 30.000 Österreicher*innen besteht die Diagnose Diabetes Mellitus Typ 1. Beim Typ 1 wird das Hormon Insulin nicht mehr durch das Organ Bauchspeicheldrüse bereitgestellt und muss durch einen Pen/Spritze oder durch eine Pumpe manuell zugeführt werden. Ohne Insulin kann der Körper Glukose/Zucker/Kohlenhydrate nicht mehr verwerten. Ein normaler Blutzuckerwert hängt von unzähligen Faktoren ab. Emotionen, Wärme, Art und Umfang der Betätigung, Wetter, Vorbelastungen, etc. verändern den Blutzuckerwert. Dieser sollte je nach Situation zwischen 60 mg/dl und 170 mg/dl sein.

Kapitel 1: Nix geht mehr.
„Tut mir leid, Frau Senft, aber ihr Sohn wird in vielen Dingen im Leben eingeschränkt sein. Er kann nicht Hubschrauberpilot werden und mit extremem Ausdauersport wird es auch schwierig.“ Diese, nicht wohl bedachten Worte hat eine Ärztin vor 27 Jahren im Spital an meine Mutter gerichtet, nachdem ich die Diagnose Diabetes Mellitus Typ 1 bekommen habe. Diese Sätze brandmarkten einen jungen Burschen. Ich hatte jedoch das Glück, in den folgenden Jahren eine „Jetzt-erst-recht-Mentalität“ zu entwickeln. Vor allem als Jugendlicher gab es viele Bedenken, und eine gewisse Unsicherheit gegenüber meiner körperlichen Leistungsfähigkeit bestand.

Kapitel 2: Was sind das für Menschen?!
Das erste Mal ist Triathlon im Alter von 15 Jahren auf meinem Radar erschienen. Ich faszinierte mich an einer Zusammenfassung in „Sport am Sonntag“ über den Ironman in Klagenfurt. Die Ästhetik und der schiere Wahnsinn der Ausdehnungen dieser Sportart zogen mich schon damals in ihren Bann. Die Athlet*innen in ihren Anzügen haben für mich wie moderne Ritter*innen gewirkt.

Kapitel 3: Glaube daran!
Vor 3,5 Jahren habe ich dann beschlossen, es ist so weit, wir beginnen das Abenteuer Triathlon Langdistanz. Meine Achillesferse war und ist das Schwimmen. Bei den allerersten Trainings im Hütteldorfer Bad konnte ich an Matthias‘ Gesichtsausdruck genau erkennen, dass er fasziniert war, mit wie wenig Wassergefühl man sich fortbewegen konnte. Diesen Gesichtsausdruck habe ich auch bei Robert (Zitat aus dem Kontext: „guat schwimmst wirklich net“) und Vincent (Zitat: „des wird schon, irgendwann geht einem der Knoten auf“ – außer dass es sich bei mir um den scheiß Gordischen Knoten handelte) wiedererkannt, als sie mich im Freiwasser gegen das Element Wasser hatten kämpfen sehen. Man darf sich meine Wasserlage ca. so vorstellen, als würde man eine Einbauküche dazu bringen wollen, an der Wasseroberfläche zu gleiten. Scheiß drauf dachte ich mir. Gehe einfach zum nächsten Training und zum nächsten und zum nächsten. Auch nach unzufriedenstellenden Trainings hast du wieder was gelernt. Bleib dran. Wie beim Diabetes ist es im Training. Von drei Tagen ist einer super, einer mittelmäßig und einer enttäuschend. Und so verging die Zeit bis letzten Jänner.
Bei einer Routine Diabetes Vorsorgeuntersuchung hatte mich der Internist gefragt, welchen Sport ich ausübe. Als ich ihm erzählte, dass ein Ironman im Juni am Plan steht, stellte er mir folgende Frage: „Wer betreut Sie hierfür sportmedizinisch?“. „I söwa“, war schulterzuckend meine banale Antwort. In diesem Moment ist mir wieder bewusst geworden, wie verrückt dieses Vorhaben ist. Noch verrückter finde ich jedoch, wenn Freunde und Familie durch den Triathlon Sport vernachlässigt werden. Meine Tochter war und ist trotz der immensen Umfänge in der Vorbereitung immer Priorität Nummer eins. So kam es auch, dass 60% aller Trainings vor 7 Uhr in der Früh oder nach 21 Uhr stattgefunden haben. Ich ging auch zu Feiern meiner Freunde und blieb bis 3 Uhr morgens. So manche Radrunde am nächsten Morgen um 8:30 Uhr war dann etwas zach. Die Ausmaße des Triathlon Trainings sollten eine soziale Kosten-Nutzen-Rechnung beherbergen. Man sollte sich folgende Frage stellen: „Wenn ich meine Freunde vernachlässige, wer freut sich dann im Ziel mit mir?“. War es hart, nach 3 Stunden Schlaf aufzustehen? Na nona ned, aber ich dachte mir dann immer wieder: „Leide lieber jetzt und nicht im Wettkampf.“. Und ich habe furchtbar gelitten in der Vorbereitung. Teilweise dachte ich, ein böser Voodoo-Zauber wurde mir auferlegt. Im Mai war ich bei einer Olympischen Distanz in Knittelfeld der Letzte aus dem Wasser („Fun Fact“: 17 Grad Wassertemperatur und 4 Grad Außentemperatur helfen nicht, wennst eh scho oasch schwimmst). Der Seestadt Triathlon im Mai war meine Schwimmgeneralprobe für den Ironman, bei dem ich an einer 3,8 km Runde teilgenommen habe. Nach 2 km musste ich das Rennen wegen Unterkühlung und Krämpfen beenden. Bei meinem Lauftest für den Ironman (= Vienna City Marathon) habe ich dank eitriger Angina im Vorfeld und den daraus folgenden schweren Kämpfen in einer unterirdischen Zeit gefinisht. Bei einem Berglauf in meiner Heimatgemeinde im Mai habe ich mich im „eigenen“ Wald verlaufen. Das war circa so schlau, wie wenn man im Kaiserwasser verlorengeht. Scheiß drauf – besser jetzt läuft alles schief als am 18. Juni. Glaube daran, je schwieriger es ist, desto mehr lohnt es sich!

Kapitel 4: Was soll jetzt noch schiefgehen?
In meiner Naivität habe ich bei der Online-Anmeldung für den Ironman im Oktober 2022 verschwiegen, dass ich Diabetiker bin, da ich Bedenken hatte, dass wenn sich zu viele anmelden, die potenziell gefährlichen Kandidat:innen für den Veranstalter nach hinten gereiht würden. Als wir am Donnerstag vor dem Rennen in der Monkeys Area am Campingplatz zusammensitzen, drängt mich dankenswerterweise die Leiterin der Physiostation des Ironmans, Dagmar Fritzl, dies bei der Startnummernausgabe bekanntzugeben. Na gut, mach ma. Dass ein Stoffwechselkranker eventuell mehr Aufsehen erregt als angenommen, wurde mir bewusst, als der Renndirektor meine Startnummer notiert und mir eine Sondergenehmigung für Fremdverpflegung (da eine Unterzuckerung einen medizinischen Notfall darstellt) zusagt. Alle Technical Officials wussten somit, dass Startnummer 334 immer mit Essen versorgt werden darf.

Es wird Freitag und die Monkeys gehen Einschwimmen. Ich habe mich gut gefühlt und hatte einen neuen Neo am Start (Mako Torrent Ultimate ist das Gerät!). Nach 2,6 km kommen wir aus dem Wasser und meine Garmin klingelt wie eine Eieruhr: 3 neue Rekorde, schnellste Zeit blablabla. Mit neu gewonnenem Selbstvertrauen schwebte ich zur Monkeys Zentrale zurück, wo mich Rudi mit folgenden Worten empfing: „I hob ma docht du bist schnölla?!“. (Rudi ich liebe dich für deine ungekünstelte und brutal ehrliche Art.) Jedoch, Selbstvertrauen war wieder weg. „Scheiß drauf, ich lache dann beim Marathon“, dachte ich mir.

Samstag hat der Zucker tagsüber wieder nicht gepasst, na nona ned durch das Carboloading (Trotzdem ein riesen Danke an Inge Schlederer für die sensationell köstliche Verpflegung) war mein Körper einfach voller Glykogen (Zucker in der Muskelzelle). Ich hatte schwere Bedenken, dass wenn er sich nicht einpendelt und zu lange zu hoch ist, ich nicht fit am Start bin. Ich musste auch noch meinen Zuckerbedarf (ist nicht gleichzusetzen mit der maximal verstoffwechselbaren Kohlenhydratmenge pro Stunde) am Fahrrad unterbringen. 700 Gramm Kohlenhydrate hatte ich am Rad verstaut. Man muss sich das so vorstellen: Ein gesunder Mensch isst etwas und die genau richtige Menge an Insulin wird durch die Bauchspeicheldrüse bereitgestellt. Nicht mehr oder weniger und auch ideal im Zeitverlauf. Ein Diabetiker kann dies nie so genau mit einer Spritze nachstellen. Das wäre so, wie wenn ich mit einem Blasebalg versuchen würde, die Bewegung der Lunge zu simulieren. Ich werde niemals die ideale Menge Sauerstoff genau erwischen. Am Renntag habe ich geschätzt, ich würde nur 2/3 der BasisInsulinmenge (Grundspiegel ohne Insulin für Essen) eines normalen Tages benötigen. Wenn ich weniger spritze, könnte der Zucker aber viel zu hoch steigen was wiederum einen Wettkampf unmöglich macht. Zu viel spritzen und ich verbrauche zuviel Kohlenhydrate. Spoiler: Es ist alles gut gegangen. Umgerechnet habe ich die Kohlenhydratmenge von 17,5 Liter Coca-Cola an diesem Tag verbraucht und ich habe nichts zusätzlich gespritzt, außer meinem Basisspiegel morgens. An diesem Tag habe ich Zucker ohne Ende zu mir genommen und musste nichts spritzen. Ich war Nichtdiabetiker für 13 Stunden. Ein eigenartig befriedigendes Gefühl, essen zu können, ohne sich spritzen zu müssen.

Kapitel 5: TRIUMPH
Es ist endlich so weit. 6 Monate Training kulminieren sich zum morgigen Wettkampf. Jetzt noch 10-mal öfters vor dem Schlafengehen Zuckermessen und dann kann nix mehr schiefgehen. Meine Vorstellung: Morgen Früh (eigentlich mitten in der Nacht), wenn der Wecker läutet, werde ich einen perfekten Zucker haben und dann rennt die Maschine. Realität 3:45 Uhr Glukosespiegel 327 mg/dl. Super Senftl, bravourös verkalkuliert. Was mach ma jetzt, viel Spritzen und somit möglichst schnell einen idealen Zucker haben und dann episch bei 2km im Wasser mit einer Unterzuckerung in einem Märtyrertod verenden oder die Sicherheitsvariante wählen mit mehrmals wenig zu spritzen und hoffen, bis zum Start einen fallenden Zucker zu haben. Nachteil bei Option zwei: fit und munter bin ich dann sicher nicht beim Rennstart. Dennoch, ich entschied mich für die vorsichtigere Variante. Denn im Triathlon verletzt du niemals die Grundregel: keine wilden Experimente am Renntag. Es ist 6:00 Uhr und der Zucker fällt, noch eineinhalb Stunden vor Start und ich habe mein Getränk mit 50g Kohlenhydraten bereit. Schaut schon besser aus, vorsichtiger Optimismus stellte sich ein und ich dachte mir: „Kann ja nix mehr schiefgehen“. 20 Minuten vor Start setzte ich mein Messgerät am Sensor an und folgende Frotzelei erscheint am Bildschirm: „Sensorfehler, bitte versuchen Sie es in 10 Minuten nochmals“. Wird’s net spielen, wenn ich in diesem Moment zum Start in den abgesperrten Bereich gehen muss und das Messgerät jetzt Matthias geben sollte, damit ich es beim Schwimmausstieg wieder bekomme. Gut…Scheiß drauf mal wieder, ich vertraue auf mein Körpergefühl und wir starten im Glukoseblindflug in den Ironman. Sicherheitshalber das ganze Maltodextrin-Getränk verzehrt und jetzt geht’s los! Anmerkung: Verschiedenste Richtlinien z.B. Deutsche und österreichische Diabeteshilfe raten schwerstens von Sport bei einem Zuckerwert ab 250 mg/dl ab. In der retrospektiven Analyse habe ich gesehen, dass ich mit ca. 390mg/dl gestartet bin! Nachteil bei der Geschichte ist, wenn nicht ausreichend Insulin vorhanden ist, kann der Zucker aus dem Blut nicht mehr in die Körperzellen aufgenommen werden. Den Zellen fehlt dadurch Energie für die Stoffwechselprozesse. Der Körper leitet daraufhin den Abbau von Fettgewebe ein, um seinen Energiebedarf zu decken. Das Fett wird zu Fettsäuren, die Fettsäuren werden unvollständig zu sogenannten Ketonkörpern abgebaut. Die erhöhte Konzentration von Ketonkörpern führt zu einer gefährlichen Übersäuerung des Blutes. Es entsteht die Ketoazidose mit folgenden möglichen Symptomen:

Vermehrtes Wasserlassen (Scheiß drauf, ich werde nicht der Einzige sein, der in den Neo pinkelt ????)
Vermehrter Durst (Scheiß drauf, beim Schwimmen is noch niemand verdurstet ????)
Sehstörungen, (Scheiß drauf, bei der Morgensonne beim Lendkanal sieht eh niemand was ????)
Muskelkrämpfe (Scheiß drauf, das schüttelst raus, so lang is ein Ironman eh net ????)
Elektrolytverlust (Scheiß drauf, Elektrolyte werden eh überbewertet ????)
Koma (Scheiß drauf, is eh so viel medizinisches Personal vor Ort ????)

Dennoch könnte es auch sein, dass der Zucker beim Schwimmen zu stark sinkt. Aus diesem Grund hatte ich 3 Gels in meinem Neo verstaut. Die Gefahr bestand trotzdem es könnte zu wenig sein. Zur Erinnerung, ich durfte ja Fremdverpflegung in Anspruch nehmen und Wolfgang List hat sich dankenswerterweise bereit erklärt, mit einer Zuckermischung für den Notfall am Einstieg zum Lendkanal auf mich im seichten Wasser zu warten. Es war zum Glück aber nicht notwendig und ich deutete dem Wolfi das OK-Zeichen ( ), als ich vorbeikraulte.
Etwas später war dann nix mehr OK. Bei Km 3,5 schießt auf einmal ein übler Krampf in der linken Wade ein. Ganz ein schwieriger Moment. Sollte dieses grandiose Unterfangen bereits so früh zu Ende sein? Zum Glück wurde der Krampf nicht stärker und nach ein paar ruhigeren Zügen hat mich der Neo (Mako Torrent Ultimate ist das Gerät!) zum Schwimmausstieg „getragen“. 1:33 Endzeit Schwimmen. Matthias empfing mich 10 Meter nach dem Schwimmausstieg mit meinem Messgerät. Messgerät am Oberarm angehalten: Zucker 100mg/dl. Scheiß die Wand an, es hat funktioniert! Himmelhochjauchzend schwebte ich zur Wechselzone im Wissen, das Schwierigste geschafft zu haben. Nach einem Joghurtdrink, einem Gatorade und einer Massage für die Wade bequemte (14 Minuten Wechselzeit) ich mich zu meinem Rad namens: „Die Schöne UND das Biest“. Ich wusste, das Ding ist so schnell, dass ich nicht Gas geben musste und ich einen 30er Schnitt werde fahren können. So bin ich die ersten 30 Km mit einem Puls von 120 bis 130 dahingeradelt, um mein Blut von der Säure zu reinigen und den Krampf in der Wade endgültig zu lösen. Danach war es eine taktische Meisterleistung. Ich war weit vom Limit und habe mich sehr gut ernährt. Ich war voller Nährstoffe und hatte genügend Energie.

Die Schöne UND das Biest und David kommen wieder in die Wechselzone. Dieses Mal habe ich den Wechsel nicht absichtlich trödelnd verbracht, sondern auf Druck. Und jetzt hat mich der Ehrgeiz gepackt. Mit einer 5:30er Pace bin ich in den Marathon gestartet und mich top gefühlt. Nach 5 km und 10 km hatte ich schwere Magenprobleme (kein Wunder bei 950+ Gramm Kohlenhydraten zu dem Zeitpunkt) und verlor mindestens 15 Minuten auf den widerlichsten WCs, die ich in meinem Leben gesehen habe.

Nach dem ersten Halbmarathon am Weg durch den Park steht plötzlich Vincent am Zaun und feuert mich an, während er ein paar Meter mitläuft. Ich werde seine Worte nie in meinem Leben vergessen. Danke Vinc hierfür! In dieser Situation brachen aber unerwartet auf einmal alle emotionalen Dämme. Mit dem Bewusstsein, es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu schaffen und dem Mitgefühl der Monkeys begann ich das erste Mal zu weinen. Den Monkeys am Streckenrand konnte ich nicht in die Augen sehen und ich musste mich mit weggewandtem Blick vorbeischwindeln. Mit einer Atemtechnik konnte ich mich wieder beruhigen und auf einmal ging es ordentlich dahin. Für ein paar Kilometer konnte ich dann einen 5:00er Schnitt laufen. Erst bei KM 37 musste ich der Distanz zum ersten Mal Tribut zollen. Ich dachte mir, finishst halt in 4:30 statt 4:10, aber sei nicht blöd und riskiere keinen Krampf.

Bei KM 40 holte ich einen Japaner ein, welcher ziemlich fit wirkte und schnell gelaufen ist. Ich dachte mir, von ihm lasse ich mich nun ins Ziel ziehen. Aber dann war er mir doch zu langsam und beim Vorbeilaufen sagte ich zu ihm: „Congrats man, lets finish this“. Als er meinen Fistbump erwiderte, sah ich, dass er erst das Band für den Halbmarathon getragen hat. „Doumo arigatou du Heisl“, wird er sich gedacht haben. Scheiß drauf mal wieder, aber ich laufe jetzt ins Ziel. An den Monkeys vorbei kamen wieder die dicken Kullertränen (ich habe mehr gereart am Sonntag als ein 7-jähriger der zum ersten Mal König der Löwen sieht), dem Wolfi hab ich noch den Bizeps geflext und jetzt war genießen angesagt. Ich reduzierte das Tempo auf einen lockeren Jog. Und jetzt kam die Riesenkirsche auf dem Sahnebecher auf einer Sachertorte im Schokobrunnen. Ich holte Sebastian Sprigade fast ein, er bekam das mit und er wartete auf mich im Zielkorridor. Wir umarmten uns und liefen einige Meter gemeinsam Richtung Ziel. Meine Eltern standen auch ohne Vorankündigung neben der Zielankunft.

Ich hatte mir diesen Moment über Monate, gar Jahre hinweg visualisiert. Aber er war in echt tausendmal besser. Ich triumphierte die letzten Meter hinauf zum Zielbogen. Die Anspannung fiel in diesem Moment ab. Dort entkam mir unerwartet ein Jubelschrei (hörte sich an wie ein T-Rex Gegröle). Ich fiel in die Arme von Dagmar und Sebastian. „Fucking Best Moment in my Life“ (mit Geburt meiner Tochter).

Diese Geschichte soll vor allem junge Diabetiker inspirieren, die von dieser Krankheit anfangs erschlagen und überfordert sind. Es soll ein Beispiel sein, positiv verrückt zu sein und nicht auf andere zu hören. Hast du einen unmöglich scheinbaren Traum. Perfekt, dann lohnt es sich erst recht:
Such dir ein motivierendes Umfeld und Menschen, die dich unterstützen. Denn Triathlon ist zwar eine Einzelsportart – aber an diesem Tag war ich nicht allein am Start. Mein Erfolg ist ein Teamerfolg der Monkeys, ohne die ich es nicht geschafft hätte. DANKE, dass ihr mir dies ermöglicht habt.

David Senft
geschrieben von David Senft

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